Hírek

Berlin – Villányer Bottelparty 2011.02.05.


REINER WEIN
Überraschendes aus Ungarn
Von Stuart Pigott

Groß ist die Kluft zwischen dem Erfolg von Ungarns angesehensten neuen Rotweinen im eigenen Land und ihrer fehlenden Präsenz außerhalb ihrer Heimat. Im Großraum Budapest werden vor allem die tieffarbigen, sehr kräftigen und oft massiven Rotweine aus dem Villány-Gebiet im Süden des Landes nahe an der Grenze zu Kroatien gefeiert. Dass ungarische Weinfreaks manche dieser Weine wegen ihrer Übermächtigkeit kritisieren, unterstreicht nur, wie diese Gewächse seit dem Ende des Kommunismus zu den etablierten Rotweinen des aufstrebenden Landes avanciert sind. Am deutschen Markt oder im englischsprachigen Raum sind sie allerdings kaum präsent.


Groß ist auch die Kluft zwischen der Bühne, welche die Weine in der glanzvollen neuen Spitzengastronomie und den Tophotels von Budapest finden, und den sehr ländlichen Verhältnissen in und um die Kleinstadt Villány, wo sie erzeugt werden. Eigentlich handelt es sich dabei um die Stadt Wieland, bis 1945 eine deutsche Stadt, aus der dann viele, aber keinesfalls alle deutschstämmigen Einwohner vertrieben wurden. Bis auf 444 Meter Höhe steigt das Villányi-hegység-Gebirge, an dessen Südseiten die Weinberge liegen. Es sind die wärmsten Weinberge Ungarns, was zusammen mit den vorherrschenden nährstoffreichen und wasserhaltigen Lössböden zur Üppigkeit der Rotweine führt.

Viel Sinn hätte es nicht, diese Welt zu beschreiben, gäbe es nicht den Berliner Rechtsanwalt Horst Hummel, der 1998 begann, ein Weingut in Villány aufzubauen, und seit 2009 auch Importeur für die Weine einer Reihe seiner Winzerkollegen ist. Dieser inoffizielle Botschafter des Gebiets kämpft gegen zwei große Vorurteile: Unter weniger erfahrenen Weinfreunden gilt Ungarn nach wie vor als Ostblock und daher minderwertig; unter den erfahrenen hingegen steht Villány für teure oder gar überteuerte Weine. Die 2009er “Le Sommelier – Tenkes”-Rotwein-Cuvée von Csaba Malatinsky eignet sich perfekt, um diese Irrtümer zu demontieren. Bei www.weingut-hummel.com (Telefon 0 30/4 45 34 44) kostet der Wein 9,50 Euro, und mit seinem herrlichen Duft nach schwarzen Johannisbeeren und schwarzem Pfeffer, dem vollsaftigen Körper und sanften Gerbstoffen stellt er ein beachtliches Preis-Leistungs-Verhältnis dar. Die 2007er “Montenuovo”-Rotwein-Cuvée der hochmodernen Vylyan Winery (13,50 Euro) wirkt überraschend elegant für einen so kräftigen Rotwein: fleischig statt wuchtig. Der komplexe Duft nach vielerlei schwarzen Beeren und Gewürzen macht ihn sehr ansprechend.

In diesem üppigen Kontext wirken Horst Hummels eigene Weine schlank und eigen. Mit seinem Duft nach getrockneter Orangenzeste und Wacholder sowie einer betont frisch-herben Art schreit der 2007er Kékfrankos (7,50 Euro) nach fetthaltigem und würzigem Essen. Viel körperreicher ist die 2006er “J.M.”-Rotwein-Cuvée (25 Euro), die mit ihren vollen, sanftherben Gerbstoffen die traditionelle Bordeaux-Rotwein-Welt durch eine sehr dezente Holznote von der Fasslagerung mit der Fülle des mediterranen Einflusses in Villány verbindet. Es handelt sich um ein seltenes Beispiel dieser Stilistik in der modebewussten Weinwelt.

Text: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 13.02.2011, Nr. 6 / Seite 48


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